Eine Gruppe von Astronominnen und Astronomen, darunter Forschende des Max-Planck-Instituts für Astronomie (MPIA), hat ein Bild eines Planeten aufgenommen, der den mit bloßem Auge sichtbaren Doppelstern b Centauri umkreist. Es handelt sich dabei um das heißeste und massereichste Sternsystem mit Planeten, das bisher gefunden wurde. Das Team entdeckte den Planeten in einer Umlaufbahn um das Sternpaar, die 100-mal so groß ist wie die Entfernung zwischen Jupiter und der Sonne. Einige Astronomen und Astronominnen nahmen an, dass es in der Nähe von so massereichen und heißen Sternen keine Planeten geben kann – bis jetzt.
In einer Entfernung von etwa 325 Lichtjahren haben Astronominnen und Astronomen im Sternbild Zentaur (Centaurus) einen Riesenplaneten entdeckt, der einen jungen massereichen Doppelstern namens b Centauri umkreist. „Die Entdeckung eines Planeten um b Centauri war sehr aufregend, da sie die Vorstellung von massereichen Sternen als Heimat von Planeten völlig verändert“, erklärt Markus Janson, Astronom an der Universität Stockholm, Schweden. Er ist der Hauptautor der neuen Studie, die heute in Nature veröffentlicht wurde.
Der nur 15 Millionen Jahre alte Doppelstern b Centauri [1] hat mindestens die sechsfache Masse der Sonne. Diese Eigenschaft macht ihn zum mit Abstand massereichsten Sternsystem, um das Astronomen einen Planeten gefunden haben. Bisher war es nicht gelungen, ein solches Objekt auf einer Bahn um einen Stern zu entdecken, der mehr als dreimal so massereich wie die Sonne ist.
Die meisten massereichen Sterne sind gleichzeitig sehr heiß, und dieses System bildet da keine Ausnahme: Sein Primärstern ist ein so genannter B-Stern, der mehr als dreimal so heiß ist wie die Sonne. Aufgrund seiner hohen Temperatur sendet er große Mengen an UV- und Röntgenstrahlung aus.
Die große Masse und die hohe Temperatur dieses Sterntyps wirken sich stark auf das umgebende Gas aus, was der Planetenbildung entgegenwirken sollte. Je heißer ein Stern ist, desto mehr hochenergetische Strahlung erzeugt er. Diese Eigenschaft bewirkt, dass das umgebende Material schneller verdampft. „B-Sterne gelten im Allgemeinen als ziemlich zerstörerische und gefährliche Umgebungen. Man ging bislang davon aus, dass die Entstehung großer Planeten um sie herum äußerst schwierig sein müsste“, erklärt Janson.
Die jüngste Entdeckung zeigt nun, dass sich in solch extremen Sternumgebungen tatsächlich Planeten bilden können. „Wir hatten schon immer eine sehr auf das Sonnensystem bezogene Vorstellung davon, wie Planetensysteme aussehen sollten“, erklärt MPIA-Wissenschaftler und Mitautor Matthias Samland und führt aus: „In den letzten zehn Jahren hat die Entdeckung vieler Planetensysteme in überraschenden und neuartigen Konfigurationen dazu geführt, dass wir unsere historisch enge Sichtweise erweitern mussten. Diese Entdeckung fügt dieser Geschichte ein weiteres aufregendes Kapitel hinzu, dieses Mal für massereiche Sterne.“
Der entdeckte Planet mit dem Namen b Centauri (AB)b oder b Centauri b ist in der Tat eine fremde Welt in einer Umgebung, die sich völlig von der unterscheidet, die wir hier auf der Erde und in unserem Sonnensystem erleben. Er ist zehnmal massereicher als Jupiter und damit einer der massereichsten Planeten, die je gefunden wurden. Darüber hinaus umkreist er den Doppelstern in einem erstaunlichen Abstand, der 100 Mal größer ist als der Abstand des Jupiters zur Sonne – eine der weitesten Umlaufbahnen, die bisher entdeckt wurden. Dieser beträchtliche Abstand zum zentralen Doppelstern könnte für das Überleben des Planeten entscheidend sein.
Diese Ergebnisse wurden dank des modernen Spectro-Polarimetric High-contrast Exoplanet REsearch Instruments (SPHERE) am Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte (ESO) in Chile möglich. Ein Konsortium aus mehreren astronomischen Einrichtungen, an dem das MPIA maßgeblich beteiligt ist, hat dieses äußerst erfolgreiche Instrument konstruiert und gebaut. Es konnte bereits mehrere Planeten aufspüren, die andere Sterne als die Sonne umkreisen. Darunter befindet sich das erste Bild eines jungen, wachsenden Planeten.
„Die Kombination aus der innovativen Technik der adaptiven Optik, der Leistungsfähigkeit der 10-Meter-Teleskope in Chile und hochentwickelten Datenreduktionsverfahren ermöglichte diese erstaunliche Entdeckung“, betont Thomas Henning vom MPIA in Heidelberg, Co-I des SPHERE-Instruments und Mitautor der Studie.
SPHERE war jedoch nicht das erste Instrument, das ein Bild von diesem Planeten aufgenommen hat. Im Rahmen der Studie untersuchte das Team frühere Daten zu b Centauri und entdeckte, dass der Planet bereits vor mehr als 20 Jahren vom 3,6-Meter-Teleskop der ESO abgebildet worden war, obwohl er damals nicht als Planet erkannt wurde.
Mit dem Extremely Large Telescope (ELT) der ESO, das noch in diesem Jahrzehnt mit den Beobachtungen beginnen soll, und weiteren technischen Fortschritten könnten die Astronomen in der Lage sein, mehr über die Entstehung und die Eigenschaften dieses Planeten zu ermitteln. „Es wird eine faszinierende Aufgabe sein zu erforschen, wie er sich gebildet haben könnte. Das ist im Moment noch ein Rätsel“, so Janson abschließend.
Endnoten
[1] Der Stern b Centauri ist nicht mit dem hellen Doppelstern beta Centauri zu verwechseln.
Hintergrundinformationen
Das Team besteht aus Markus Janson (Abteilung für Astronomie, Universität Stockholm, Schweden [SU]), Raffaele Gratton (INAF Osservatorio Astronomico di Padova, Italien [INAF-Padova]), Laetitia Rodet (Cornell Center for Astrophysics and Planetary Science, Department of Astronomy, Cornell University, USA), Arthur Vigan (Aix-Marseille Université, CNRS, CNES, Laboratoire d’Astrophysique de Marseille, Frankreich [LAM]), Mickaël Bonnefoy (Univ. Grenoble Alpes, CNRS, Insitut für Planetenwissenschaften und Astrophysik, Frankreich [IPAG] und LAM), Philippe Delorme (IPAG), Eric E. Mamajek (Jet Propulsion Laboratory, California Institute of Technology, USA [JPL]), Sabine Reffert (Landessternwarte, Zentrum für Astronomie der Universität Heidelberg, Deutschland [ZAH]), Lukas Stock (ZAH und IPAG), Gabriel-Dominique Marleau (Institut für Astronomie und Astrophysik, Universität Tübingen, Deutschland; Physikalisches Institut, Universität Bern, Schweiz [UNIBE]; Max-Planck-Institut für Astronomie, Heidelberg, Deutschland [MPIA]), Maud Langlois (Centre de Recherche Astrophysique de Lyon [CRAL], CNRS, Université Lyon, Frankreich), Gaël Chauvin (Unidad Mixta Internacional Franco-Chilena de Astronomía, CNRS/INSU und Departamento de Astronomía, Universidad de Chile, Santiago, Chile, und CRAL), Silvano Desidera (INAF-Padova), Simon Ringqvist (SU), Lucio Mayer (Zentrum für Theoretische Physik und Kosmologie, Institut für Computational Science, Universität Zürich, Schweiz [CTAC]), Gayathri Viswanath (SU), Vito Squicciarini (INAF-Padova, Institut für Physik und Astronomie „Galileo Galilei“, Universität Padova, Italien), Michael R. Meyer (Department of Astronomy, University of Michigan, USA), Matthias Samland (MPIA, SU), Simon Petrus (IPAG), Ravit Helled (CTAC), Matthew A. Kenworthy (Leiden Observatory, Leiden University, Niederlande), Sascha P. Quanz (ETH Zürich, Institut für Teilchenphysik und Astrophysik, Schweiz [ETH Zürich]), Beth Biller (Scottish Universities Physics Alliance, Institute for Astronomy, Royal Observatory, University of Edinburgh, UK), Thomas Henning (MPIA), Dino Mesa (INAF-Padova), Natalia Engler (ETH Zürich), Joseph C. Carson (College of Charleston, Department of Physics & Astronomy, USA).
Max-Planck-Institut für Astronomie
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